Süd-KOREA — WEIN und „schwarze Hühner“

 

„Schwarze Hühne und ihre „Mama“

Rund 150 Kilometer südlich von Seoul, inmitten einer wunderbaren Bergwelt und am Rande des Gyeryongsan-Nationalparks ist die Hühnerfarm von Seungsook Lee, vulgo „Chicken Lady“, obwohl sie ja eigentlich mehr Chicken-Mama ist, so liebevoll, aufopfernd und zärtlich geht sie mit ihren speziellen Hühner um.
„Ayam Cemani“ heißt die schwarze Rasse, die ursprünglich aus Indonesien stammt, aber schon seit einigen hundert Jahren auch in Korea heimisch ist und hier als OGYE-Hühner gezüchtet werden. Seungsook Lee’s Stammbaum reicht weit in koreanische Adelsgeschlechter zurück! Seit über 400 Jahren besitzen sie hier in der kleinen Ortschaft Yeosan-Myeon ein riesiges Grundstück, das voller Mythen und Legenden ist. Unter anderem ist es üblich, dass die Gräber der Familienmitglieder „in ihrer Heimat“ bleiben und so sieht man auf verschiedenen Lichtungen die kleinen Gras bewachsenen Grabhügeln und Gedenkstelen. Auch ihr Großvater liegt hier bei „seinen Hühnern“, denn er hat begonnen die seltenen schwarzen Hühner zu züchten und die Enkelin setzt diese Familientradition nun mit großem Engagement fast bis zur Selbstaufgabe weiter fort. Die Hühner leben frei auf einer großen Farm, ein riesiges Waldgebiet gehört dazu, ein großer Misthaufen wird gepflegt. Die kranken und verletzten Tiere kommen auf eine „Krankenstation“. 1000 Hähne und Hühner laufen derzeit herum und dazu noch 500 winzige Küken in einem eigenen geschützten Bereich. Anscheinend hat sich bei den Raubvögeln und Wildkatzen auch schon herumgesprochen, dass hier Hühner frei herumgackern, denn die Verluste gehen teilweise gegen 10 Prozent.
Zur Absicherung vor Seuchen hat Frau Lee noch in rund 200 Kilometer Entfernung eine Farm mit etwa 500 Hühnern.
Alles an den Hühnern ist schwarz, vom Kamm über die Augen, sogar die Knochen und auch das Fleisch ist dunkelgrau! Die Hühner sind vor allem für hervorragenden Suppen und Fonds geeignet. Das Fleisch ist fest und sehr schmackhaft, die Eier sind etwas kleiner als bei unseren Legehühnern und haben einen leicht salzigen Geschmack – ein weiches Ei muss man nicht nachsalzen!
Zur Farm gehört auch ein Restaurant, die herrliche Hühnersuppe ist dort die Attraktion! Ganz simple Zubereitung, aber herrlicher Geschmack: die Hühner werden mit Chilischote, ein ca 10 cm langes Stück der Tragant-Wurzel und einem Gewürzsäckchen knapp eine Stunde zart gekocht, das war es auch schon – ganz großartig!
Auch das Gemüse ist aus den eigenen Gärten, die Pilze aus der eigenen Pilzzucht und die Kräuter aus Wäldern rund um die Farm.
Das Fleisch der Hühner schmeckt köstlich, ist fest, kaum faserig und manchmal sogar ein wenig wie marmoriert, ist ja auch kein Wunder, denn das Futter wird speziell zubereitet aus 12 verschiedenen Zutaten (u.a. Muschelschalen, Ginseng, Süßkartoffeln, verschiedene Getreidearten, Soja, Fischmehl, und auch die Knochen der verspeisten Artgenossinnen werden karbonisiert und zu Pulver verarbeitet) entsteht ein nahrhafter Mix. Dieser Mix steht den Hühnern immer zur Verfügung, sollten sie im Feld, Wald oder auf dem Misthaufen nicht genug finden.
Die Farm ist Mitglied bei Slow Food und dort wohl ein „Vorzeig-Projekt“.

 

WEIN ist anders!

Für die 51 Millionen Einwohner von Südkorea spielt Wein keine Rolle, hat aber durchaus Zukunftschancen. Lag der pro Kopf Konsum 2010 noch  bei 0,5 Liter/Jahr hat er sich bis heute verdoppelt. Um an mitteleuropäische Pro-Kopf-Verbräuche heranzukommen ist noch gewaltiger Nachholbedarf, denn bei uns liegen die Werte bei mehr als 20 Liter pro Kopf und Jahr.
Die eigene Weinproduktion hat ebenfalls kaum Bedeutung: dreimal habe ich nachgefragt, ob die Zahl tatsächlich stimmen kann: aber es stimmt tatsächlich rund 60 Weinerzeuger produzieren cirka 400.000 Liter pro Jahr und davon entfallen 150.000 auf Fruchtweine, 250.000 Liter werden aus Trauben gepresst. Wenn schon Wein, dann bevorzugt man in Korea das Süßliche und gibt es Kiwi, Brom- und Himbeeren und auch den bei schon vergessenen Ribislwein findet man in fast jedem Weinregal. Süß muss es sein, das passt am besten zu den scharfen, kräftigen Speisen, zu Kimchi (eingelegtes Gemüse, vorwiegend Kohl, das durch fermentieren haltbar gemacht wird – jeder Haushalt hat seine Tonkrüge am Balkon oder im Vorzimmer stehen) und den vielen eingelegten, fermentierten Fischen und Gemüsespeisen.
Langsam scheint sich aber doch eine neue Weinkultur aufzubauen. Der Import ist in den letzten 5 Jahren von 300.000Hl auf 350.000HL gestiegen. Frankreich liefert mit 70.000HL den Hauptanteil, Deutschland ist mit 11.000HL dabei und Österreich schickt 12.000 Liter in das ferne Land.
Diese Weine findet man dann vor allem in den großen Städten (es gibt 10 Städte mit mehr als 1 Million Einwohner!), dort vor allem in den internationalen Restaurants, aber auch in den Supermärkten gibt es gute europäische Weine zu vernünftigen Preisen.

 

 

 

 

Choi Jeong-wook ist Sommelier und Marketingchef der koreanischen Weinproduzenten. Er empfängt mich in Gwangmyeong, ca 1 Öffi-Stunde von Seoul entfernt. Ein 1972 stillgelegtes Bergwerk wurde zu einer Höhlen- und Grottenerlebniswelt ausgebaut und 2011 eröffnet, 1,5 Millionen Besucher strömen jährlich durch die Stollen, Dome, vorbei an unterirdische See und durch gigantische Hallen mit verschiedenen Themen, Geschichte, Lichtspiele, Naturerlebnisse und auch einer Wein-Cave. Die Sammlung aller in Korea produzierten Weine und einige Highlights rund um den Erdball. Und da stehen auch ein „Gemischter Satz“ von Fritz Wieninger und der „Steiner Hund“ vom Nikolaihof.
Choi Jeong vertritt mehr als 90% aller „Weinbauern“ und lädt mich zur Verkostung von 20 Weinen ein. Er beginnt mit seinen „einzigartigen“ Fruchtweinen: Kiwi und Brombeere, Himbeere und Johannisbeere, da kommen Erinnerungen an die 70iger Jahre bei mir auf. In der Mittagspause bin ich mit zwei Arbeitskollegen meist in ein kleines Tschocherl auf eine Gulaschsuppn und ein Glaserl Ribislwein gegangen. Und dann beginnt das Gesicht von Herrn Choi Jeong zu strahlen und er präsentiert mir eine „Sensation“: Feigenwein!  Angeblich weltweit der einzige und seit 2015, nach 3 Jahren Versuche, am Markt – ja, sehr süß, ja, die Feige liegt im Mund … und ja … eh.
Nun folgen die Weine, gepresst aus Trauben! Stolz kommt ein roter Cuvee auf den Tisch: aus der Wildrebe „vitis coignetiae“ und der Campell-Traube, in Bambus (!) gelagert, sehr süß, sehr gewöhnungsbedürftig. Die Wildreben vitis coignetiae gilt bei uns eigentlich als ungenießbar bis giftig … naja, ich hab’s überstanden.
Zum Schluss noch ein Riesling – „nach europäischen Vorbildern“ erklärt mir Choi Jeong „Woo Ami“ heißt er mit 10% Alkohol und wenig Restsäure, auch sehr süß, ein bisserl nach Zuckerl und Gummibärchen, ein Besonderheit wird mir erklärt, es gibt nur 3.000 Flaschen.
Klassischen Wein, wie ihn die Europäer machen, sei für Korea bisher nicht interessant gewesen, die Fruchtweine sind eher gefragt, meint Sommelier Choi Jeong. Außerdem ist das bevorzugte Getränk SOJU – ein Reis/Kartoffel-Schnaps mit 20-21% Alkohol schon sehr hochprozentig. Und bei den hochprozentigen Getränken sind die KoreanerInnen auch Weltmeister mit 10 Liter/ProKopf und Jahr, da kommen nicht einmal die Esten und Russen mit, die liegen knapp dahinter.
Aber langsam lernen die Koreaner sich auch an die Rieslinge und Chardonneys zu gewöhnen. Die Importe werden jährlich mehr. Die Gesundheitsbehörden haben dem hochprozentigen Alkoholgenuss den Kampf angesagt.
Also eine Chance für die Winemaker – auf nach Korea, zuerst das Weintrinken lehren und dann gute Geschäfte machen. Wenn Südkorea an europäische Durchschnittswerte von rund 26 Liter pro Kopf kommt, dann wäre das ein Potential 1.275.000HL pro Jahr! Gar nicht zu denken, wenn dort die 75 Liter pro Kopf verschluckt werden, wie im Vatikan!
Also Winemaker auf nach Korea!