INDIEN – Kleine kulinarische Rundreise

Über „Indische Küche“ zu schreiben ist so wie über die „europäische Küche“.
Wenn man im Süden in Kerala oder Tamil Nadu gefragt wird, ob man die Speisen „scharf , mittel oder mild“  haben möchte, dann immer „mild“ sagen, denn das brennt für unsere ungewohnten Gaumen immer noch so höllisch, dass die Kellner dann schnell frisch geraspelte Kokosnüsse bringen, das hilft ganz bestimmt. Im Norden hingegen, um Darjeeling, in Sikkim oder Ladakh  können sie getrost scharf sagen! Die Küche in Indien ist so unterschiedlich wie ihre Sprachen: 22 Amtssprachen werden in der indischen Verfassung angeführt, Hindi und Englisch sind die Amtssprachen der Zentralregierung. Und so unterschiedlich wie die Sprachen ist auch die Küche: Vieles was im Süden schmeckt, kennt man im Norden nicht. Viele Monate habe ich Indien schon bereist, von Sikkim und Darjeeling im Norden bis Tamil Nadu und Kerala im Süden, die herrlichen Gerichte überraschen mich noch immer.
Das Land ist faszinierend, von den Achttausendern im Norden über die Wüsten in Rajasthan bis zu den herrlichen Badestränden in Goa oder im Süden.
Nun bin ich von einer kleinen Rundreise zu den „heiligen Stätten“ zurückgekehrt: Delhi mit der berühmten Freitagsmoschee, dem 1200 erbauten Minarett Outb Minar und dem Humayun’s Tomb, das imposante Grabmal des zweiten Mogul Kaisers, das als Vorbild für das Taj Mahal gilt. Natürlich habe ich auch in Asiens größten Gewürz- und Fruchtbasar fast einen Tag verbracht.
Dann – Pflichttermin – nach Agra zum Taj Mahal, ein Gebäude bei dem ich nicht zum ersten Mal war und jedes Mal lasse ich mich ein wenig abseits im „heiligen Gras“ nieder und bewundere stumm dieses einzigartige Bauwerk, diesen gebauten Beweis unendlicher Liebe. Ganz still sitze ich da und vergesse die Massen, welche auf den zentralen Wegen zum Inneren hetzen. Kuhreiher stolzieren vor mir und Streifenhörnchen hasten vorbei und langsam senkt sich die Sonne und das Taj Mahal bekommt einen rötlichen Schimmer und alles wird plötzlich wie tausend und eine Nacht. Das Taj Mahal sollte man einmal im Leben gesehen haben!
Von Agra ging es in den Nationalpark Ranthambore, dort wurden bis 1970 von den Maharadschas noch Tiger gejagt, derzeit leben noch rund 40 Tiger dort. Wir hatten Glück und konnten im dichten Urwald ein Weibchen mit drei Jungen beobachten und einen alten Herrn, der sich in der Sonne streckte, dazu noch zahlreiche Tüpfel- und Sambarhirsche, sowie Krokodile und einen großen Lippenbären.
Dann wieder zu den Palaststädten Orchha und Khajuraho. Orchha ist ein verträumtes kleines Städtchen mit wunderschönen Palästen und Tempeln (mehr als 40!) aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Nach Khajuraho pilgern allerdings viel mehr Touristen zu den rund 80 Tempeln, weniger aus religiösen Gründen, denn hier sind an den Außenseiten zahlreiche erotische Figuren. Hier wird keine Stellung ausgelassen und auch Sodomie und Selbstbefriedigung sind keine Tabus.
Allahabad war die nächste Station, das ist Indien pur, für uns wohlgenährte Europäer fast wie eine Schocktherapie. Hier in Allahabad vereinen sich die heiligen Flüsse Yamuna und Ganges und hierher kommen täglich tausende InderInnen um sich auf den Tod vorzubereiten oder ihre toten Verwandten zu bestatten.  Alle 12 Jahre findet das heilige Fest „Kumbh Mela“ statt, das letzte Mal 2013 und in den 55 Tagen dieser Festzeremonien waren geschätzte 90 bis 100 Millionen Pilger unterwegs. Am Fluss wimmelt es von Booten, kleine Blumenschiffchen mit Kerzen werden ausgesetzt und überall stehen Frauen und Männer im Wasser um sich mit dem heiligen Nass zu waschen.
In den indischen Städten gibt es fast an jeder Straßenecke Garküchen – „Streetfood“ würde man bei uns sagen – mit herrlichen kleinen Gerichten: Melanzane im Teig, Kürbisse mit scharfen Saucen, Hühnchen in Curry, verschiedene Bohnen- und Linsengerichte (Dal), Kichererbsen mit unterschiedlichen Masala-Gewürzen, das kann man auch bedenkenlos probieren.
Für Indien gilt: kein rohes Gemüse, keinen Salat, kein aufgeschnittenes Obst – dies sollte man zumindest in den ersten Tagen einhalten!
Dann noch nach Varanasi!

Verbrennungsstätte Varanasi

Varanasi gilt als die heiligste Stadt im Hinduismus. Wenn man in Allahabad meint, indischer ist nicht mehr möglich, dann kennt man Varanasi nicht. Die Straßen sind verstopft mit Fahrradrikschas, Tuk Tuks, Mopeds, Kühen und noch nie gesehenen Menschmassen, mit einem Auto hat man kaum eine Chance durchzukommen. Heilige Kühe und Schweine wühlen im Müll auf den Straßen. Tausende Bettler stehen, sitzen, liegen an den Straßenrändern und halten die Hände auf, nicht aggressiv, sondern demütig und bittend. Zum Ganges hin werden die Sadhus, das sind die „heiligen Männer“, die das weltliche Leben aufgegeben haben, die meist nackt und mit Asche bedeckt, oder mit spärlicher Kleidung und bunt bemalt sind,  immer mehr. Sadhus betteln nicht, ihnen werden Gaben überreicht. Am Gangesufer findet jeden Abend eine Hindu-Zeremonie statt, Priester meditieren in einem schier endlosen Singsang und mit Glockengebimmel, und sie nehmen fast alle der mehr als zehntausend Anwesenden mit, auch die vielen Touristen können sich nicht entziehen. Rhythmisch wiege ich den Kopf, summe mit und scheine zu schweben bis das Gesumme mit einem Schlag aufhört. Durch das Gewühl der Zehntausend suchen wir ein Tuk Tuk zum Hotel. Am Morgen gehen wir noch einmal zum Fluss, noch vor Sonnenaufgang soll man sich reinwaschen. Die Frauen steigen mit ihren Sari ins Wasser, die Männer entblößen den Oberkörper, wir fahren mit dem Boot am Ufer entlang. An einem Bestattungsplatz werden Opa oder Oma, oder sonst wer verbrannt, es brennt in den Augen und ein permanenter Hustenreiz begleitet uns. Einige japanische Touristen sind schlauer, die tragen, wie fast immer, Gesichtsmasken. Varanasi, eine seit vielen Jahrzehnten leider ziemlich verkommene Stadt. Die herrlichen Fassaden der schönen Häuser und Paläste sind noch ansatzweise zu bewundern, ebenso wie Reste von schön verzierten Holzbalkonen doch kaum ein Gebäude ist gut erhalten oder renoviert. Den wirtschaftlichen Höhepunkt erlebte die Stadt im 18. und 19. Jahrhundert, dann ging es bergab. Vom alten Glanz ist nicht mehr viel übrig, hinter dem bröckelnden Putz kann man die einstige Pracht noch erahnen! Varanasi, dorthin möchte jeder Hindi um zu sterben, dann ist man dem Nirwana näher!
Wir wollen LEBEN! Und so beschließen wir unsere Kultur- und Kulinarikreise mit einigen Badetagen in Goa, Agonda Beach! Ein ganz tolles Restaurant haben wir dort gefunden: Dunhill Beach Resort Chefkoch Mister HANSRAJ hat mir viele Tipps und Rezepte mitgegeben – herrlich die indischen Linsengerichte (Dal) und die frische Fischpalette, die jeden Tag angeboten wird!
Hier haben wir und wohl gefühlt! Dort wo die Felsen aus dem Meer ragen, dass man meinen könnte man ist auf den Seychellen, dort wo die Delphine vor unseren Strandhütten Salto schlugen und heilige Kühe sich neben uns im Sand sonnten, dort wo schöne Rentner und Rentnerinnen jogamäßig zum Sundowner den Strand bevölkerten, dort wo die Fische (Red Snapper, Seebrasse, Makrele, Kingprawns) fangfrisch auf den Tisch kommen, dort wo uns auch bewusst wurde, dass wir in eine privilegierte Gesellschaft und ein reiches Land hineingeboren worden sind!
Indien – ich komme wieder!